KUNSTSCHAUFENSTER:
ab 9. September
sind Arbeiten von uns im Kunstschaufenster vom Brillenmacher Tirol, Riesengasse 5, 6020 Innsbruck, zu sehen.

 

AUSSTELLUNG IM „DAS WUNDERVOLL“
Am 27. September
zeigen wir ab 18.00 Werke von uns in der Pembaur Straße 14 in Innsbruck

KUNSTBRIEFPOSTAMT

Martin Durnthaler & Lisa Wöss

VERMUTETE FAKE NEWS

Die dänische Post stellt die Briefzustellung ein. Als ich diese Nachricht hörte, konnte ich es zunächst nicht glauben. Hängen wir unsere Briefe dann demnächst gerahmt an die Wand und erheben sie zu Kunstwerken? Dieser kurze reflexartige Gedanke beschäftigte mich auf meiner Bahnfahrt von Innsbruck nach Wien. Zumal ich eine Zeichnung mit im Gepäck hatte, die inzwischen als Motiv für eine Briefmarke fotografiert worden ist. „Bei uns kann so etwas nicht passieren“, beruhigte ich mich. Wir sind ein (Brief)Kulturland. Bei uns ist es wahrscheinlicher, dass wir die Beibehaltung der Briefzustellung gemeinsam mit dem Grundrecht auf die Verwendung von Bargeld verfassungsrechtlich schützen.

GEDANKEN AUF SCHIENE

Mein innerer Künstler wollte sich weiter dem Thema widmen. In der Businessclass des Railjet 863 der Österreichischen Bundesbahnen hatte ich dazu reichlich Gelegenheit. So entstand bei einem Cappuccino und der Optik einer vorbeiziehenden Landschaft die  Idee zum Erwerb der Domain 6020.wien. Einer Internetadresse, die unter anderem eine Zugfahrt von 4 Stunden und 18 Minuten symbolisiert. Kunst_verbindet. Mir ging noch mal die Begründung der Abschaffung der Briefpostzustellung durch den Kopf. Laut Medien sei die zunehmende Digitalisierung dafür verantwortlich. Mir kommt es so vor, als würde man den Marathonlauf abschaffen, weil man sich auch auf das Laufband im Fitnessstudio stellen kann. Oder, dass man die Rallyeweltmeisterschaft einstellt, weil man Motorsportveranstaltungen ab jetzt nur mehr auf Rundkursen austrägt. Man kann ein händisch beschriftetes Kuvert und eine analoge Briefmarke nicht durch ein E-Mail ersetzen. Schon gar nicht in der Energiesignatur. Mich erinnert das ein wenig an die Musikbranche. Klar kann man einen Song streamen. Aber du wirst dabei nie in dieselbe Emotion eintauchen, wie wenn du eine Schallplatte aus ihrer Hülle nimmst und auf den Plattenteller legst.

KUVERT-COLLAGE

Ähnlich verhält es sich bei kurvertierten Karten, die mit viel Liebe zum Detail an ihre Empfänger gesendet werden. Das beginnt von außen nach innen gesehen schon mal bei der Gestaltung des Briefkuverts. Nonna Irmi beispielsweise ließ sich vom Foto einer Winterlandschaft eine Briefmarke erstellen. Die Aufnahme zeigt in Schnee gehüllte Baumreihen, die sich beidseitig am Flussufer der Sill befinden. Die Sill selbst hatte an diesem Morgen eine ganz besondere Farbgebung, was ein in Farbe geschossenes Foto beinahe wie eine Schwarz-Weiß-Aufnahme erscheinen lässt. Die zart im Hintergrund vernehmbare Bergkette ergibt einen weiteren Spezialeffekt.

BILLARDKUGEL NR.7

Jede Briefmarke trägt ihre eigene Geschichte in sich. So wie die einer Billardkugel, die ich vor Jahren auf einem Flohmarkt in der Wiener Neubaugasse erwarb. Ich verwende sie immer wieder als Fotomodell. Ein besonderes Foto zeigt sie mit ihrer frontseitigen  Nummer 7, wie sie auf dem gitterartigen Boden einer Außentreppe liegt. Die metallenen Elemente im Hintergrund der Aufnahme verlaufen in einer leichten Schräge und verleihen dem Bild eine besondere Tiefe. Legt man zwei dieser Aufnahmen nebeneinander, könnte man meinen, es seien zwei unterschiedliche Bilder.

SPRUNGSCHANZE MIT GOLDENER KUPPEL

Die Zeichnung „Sprungschanze mit goldener Kuppel“ begleitete mich, wie erwähnt, nach Wien. Dort ließ ich sie, inklusive Rahmen und Passepartout im Studio der Farbpraxis von dessen Inhaber mit einer Hasselblad-Kamera fotografieren. Zuvor war dieses Werk mehrere Wochen im Kunstschaufenster des Brillenmacher Tirol  im historischen Zentrum von Innsbruck ausgestellt. Die Inspiration für dieses Werk entstand während eines philosophischen Couchgedanken-Austausches darüber, ob es in Dubai demnächst auch eine Sprungschanze geben wird. Diese Briefmarke existiert in zwei Varianten. Einmal trägt sie die Aufschrift „ÖSTERREICH“, während auf ihrer internationalen Version „AUSTRIA“ als Länderbezeichnung steht. 

DOMAINBILDMARKE

Bisher habe ich für die Motive meiner Briefmarken ausschließlich Zeichnungen und Fotografien verwendet, die auf meiner eigenen Kreativität basieren. Eine Ausnahme stellt die Gestaltung der Wortbildmarke „6020.wien“ dar. Mit deren handschriftlicher Umsetzung habe ich die in Innsbruck lebende spanische Grafikerin Lucia Joglar beauftragt. Mir war es wichtig, dass der Schriftzug für meine Internetseite von Menschenhand gezeichnet wird.

HASHTAGSTEMPEL

Auf den ersten Skizzen zu den Briefkuverts habe ich einen Hashtagstempel simuliert. Auf ihm steht ergänzend zu 6020.wien „#kunstverbindet“. Der erste Stempel, den ich tatsächlich gekauft habe, bezieht sich jedoch auf einen Glaubenssatz zu Geld. Er wurde für ein konkretes Werk mit Bargeldbezug bestellt, auf das ich zu einem späteren Zeitpunkt näher eingehen werde. Sein Text ist zweizeilig und zentriert. Auf ihm steht „#ichliebegeld #geldliebtmich“. Er ist eine Erinnerung daran, finanzielle Fülle in sein Leben einzuladen.

SONDERSTEMPEL „HAPPY MAIL“

Mein bisheriger Favorit unter den Stempeln hat wiederum Spanienbezug. Ich habe ihn über etsy bestellt. Er dient zur „Gute-Laune-Veredelung“ der Kuvertfläche. Ein Rundstempel, dessen Mitte ein Flugzeug zeigt und der zwischen zwei kreisförmigen Linien den Text „YOUR HAPPY MAIL IS HERE“ in sich trägt.

ZWISCHENSTATIONEN

Es ist der zweite Tag in Folge, an dem ich nach Kufstein fahre, diesmal mit dem ICE 1218 mit Zielort Berlin Gesundbrunnen. Der gestrige Zug, den ich retour nach Innsbruck nahm, fuhr weiter bis Venedig Santa Lucia. Es hat Symbolkraft, das große Ganze in Teilabschnitten anzugehen, Tag für Tag.

… AM GRÜNEN INN

Im Gastgarten des Buch-Cafés im Lippott-Haus reflektiere ich zwischen Kaffee und Hauslimo mit Hollundergeschmack über den Stand unseres Kreativprojektes. In 94 Tagen, von heute an gerechnet, steht uns „Das Wundervoll“ für einen Tag als Ausstellungsfläche zur Verfügung. Es vergeht kein Tag, ohne dass ich mich in meiner Vorstellung durch drei Ebenen dieses Co-Working-Hauses bewege. Diesen Termin umschließend werden ab Anfang September in der Innsbrucker Altstadt Werke von uns gezeigt. Wir sind gegenüber der Galerie Artdepot für mehrere Wochen im Kunstschaufenster des Brillenmachers in der Riesengasse vertreten. Den Begleittext auf dem Weg dorthin findet man über 6020.wien. Hier gelangt man zu einer bewusst puristisch gehaltenen Seite, die an den Notizbereich technischer Geräte erinnert.

MOTIVAZIONE

Es gibt viele Methoden, um am Ball zu bleiben. Eine der subtileren ist, einer jungen Italienerin von deinem Vorhaben zu erzählen. Dann kann es dir passieren, dass sie dich in einer charmanten Form der Hartnäckigkeit zum Erfolg führen will. Du lebst dann in der Spannbreite zwischen einem beglückwünschenden „Woooow!“ und der Frage „Hast du schon …?“ Ein Mix, der sehr hilfreich sein kann. Micaela gehört zu einer Generation, die digital aufgewachsen ist. Als ich mein erstes Handy hatte, war sie noch nicht einmal auf der Welt, zumindest nicht in dieser Inkarnation. Und dennoch pflegt sie die Tradition, besonderen Menschen zu besonderen Anlässen handgeschriebene Karten zu schicken. Für sie gehört das genauso zum Leben, wie Bücher zu lesen. Manche davon sogar in ihrer Fremdsprache Deutsch. Uns verbindet seit Jahren eine wunderbare Freundschaft.

SYMPATHISCHE NEUGIER

„Wer ist deine Projektpartnerin?“ „Was für Kunst macht sie?“ „Wie sind eure Aufgaben verteilt?“ „Wie geht es mit eurem Vorhaben voran?“ Ich schickte Micaela einen Link zur Seite von Lisa und erzählte ihr, dass wir uns seit etwa 15 Jahren kennen. „Sie ist eine sehr vielseitige Künstlerin“, sagte ich. „Auf unserer Gemeinschaftsausstellung wird sie Blackout-Poetry präsentieren. Neben  Originalarbeiten werden auch ausgewählte Werke als qualitativ hochwertige Kunstdrucke angeboten. Einige davon werden auch als Postkarten erhältlich sein.“ Micaela gefällt die Idee, in der Ausstellung eine Schreibstation einzurichten. „Ihr ladet eure Besucher ein, selbst aktiv zu werden und an geliebte Personen zu schreiben. Das ist schön.“

UNVERHOFFTE SPRACHNACHRICHT

Junge Menschen versenden gerne Sprachnachrichten. Ich bin dabei, mich daran zu gewöhnen. Lisa hat mir über einen Messenger eine Frage geschickt: „Was würdest du davon halten, wenn über unsere Veranstaltung im Radio berichtet wird …?“ Lisas Euphorie ist bemerkenswert. Sie fand sogar Einzug in einen meiner nächtlichen Träume. Wir machten unter anderem Station in einem Wellnesshotel. Dort hatten die Gäste Spaß daran, Kunstpostkarten an ihre Liebsten zu schreiben und diese in selbst gestaltete Kuverts zu packen.

VEGANES DUO (ARCHIV)

Auf meinem Nachttisch liegt ein Zettel, den ich wohl gestern nachts beschrieben habe. Es ist der Begleittext zu zwei Briefmarken, die demnächst entstehen werden: „Vor Jahren hat mich eine Freundin gefragt, ob ich es mir vorstellen könnte, eine Zeit lang auf Fleisch und Wurst zu verzichten. Das war der Beginn einer vegetarischen Phase. Zur Verdeutlichung meines Vorhabens war ich fotografisch mit Gemüse unterwegs. Es entstanden unter anderem die Aufnahmen: „Sellerie mit Kokosschalenhut“ und „Kohlrabi im Schnee.“ Beide Protagonisten sind im Anschluss in einer Suppe bzw. einem Gemüse-Römertopf gelandet.

DIGITALES TEILFASTEN

Eine Woche ohne Computer. Diesen Entschluss habe ich heute für mich gefasst. Die Postfächer meiner E-Mail-Adressen werden nicht geöffnet. Übliche Tagesroutinen auf dem Mac werden auf Pause gestellt. Das Update der Textdatei, welches am Freitag eingespielt wird, habe ich schon am Montag verschickt. Ich gönne mir eine Pause, um zu reflektieren, was mir selbst wichtig ist.

KUNST­SCHAUFENSTER

Beginnend mit 09.09.2025 steht uns in der Innsbrucker Riesengasse 5 das Kunstschaufenster vom Brillenmacher Tirol zur Verfügung. Wir haben über uns jeweils einen kleinen Begleittext in Schaufenster gelegt:

LISA - BEGLEITTEXT

Lisa lebt in Innsbruck, arbeitet im Sozialbereich, sowie selbstständig als psychosoziale Beraterin und Kunsttherapeutin in eigener Praxis.

 

Mit einem tiefen Verständnis für innere Dynamiken und zwischenmenschliche Prozesse, welches sie durch ihr Studium der Erziehungswissenschaften und ihre Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin und Kunsttherapeutin erworben hat, kombiniert sie ihre Leidenschaft für Kunst und Psyche auf einzigartige Weise. Ihre Werke entstehen aus dem Bedürfnis, sich selbst und das Leben zu reflektieren – authentisch, kreativ und oft auch provokant. Die kreative Auseinandersetzung ist dabei oft Teil eines persönlichen Rituals: mal als stiller Start in den Tag, mal als Ausdruck innerer Bewegung auf Reisen oder in der Ruhe der Berge. Zugleich dient ihr die Kunst als Ventil, um seelische Spannungen zu lösen und ihre eigene Form von Psychohygiene zu betreiben.

 

Mit einem kreativen Fokus auf den visuellen Ausdruck hat Lisa in verschiedenen Kunstformen gearbeitet – vom Fotografieren über Performance-Kunst bis hin zu Bodypainting. In der Zusammenarbeit mit Musiker*innen, Künstler*innen setzte sie Special Effects, Bodypainting und Make-Up für diverse Video-Projekte um. Im Zuge von Stelzenauftritten wurde auch der eigene Körper zum Ausdrucksmittel: In wechselnden Rollen offenbarte Lisa überspitzt inszenierte Facetten ihrer Persönlichkeit und verwandelte sie in lebendige Gestalt.

 

Lisa nutzt eine vielfältige Bandbreite an Materialien und Ausdrucksformen – darunter Fotografie, Bodypainting, Acrylmalerei, Zeichnung, Collage, Tonarbeiten und Holzbrennen – und verbindet diese oftmals miteinander.

 

Die gezeigten Arbeiten im „Kunstbriefpostamt“ sind Ergebnisse einer intensiven, längeren Lebensphase.
Sie entstanden mithilfe von Black-Out-Poetry, einer kunsttherapeutischen Methode, bei der aus bestehenden Texten neue Bedeutungen hervorgearbeitet werden. Wörter werden gestrichen, andere hervorgehoben, Flächen übermalt – bis eine neue Botschaft entsteht.

 

Lisa sieht ihre Werke als visuelle Briefe des Unbewussten ans Bewusstsein – Inhalte, die im kreativen Prozess auftauchen und innere Vorgänge sichtbar machen. Die Gestaltungen laden ein, innezuhalten, zu lesen, zu fühlen – und das Verborgene zwischen den Zeilen zu entdecken.

MARTIN - BEGLEITTEXT

Kunst war für mich jahrelang ein Instrument, um mich durch Krisen des Lebens zu navigieren. Ein Ankerpunkt, der mir Pausen gab. Eine Chance, in eine andere Welt einzutauchen. In meiner Schaffensperiode für das Kunstbriefpostamt stand Kunst ganz bewusst für sich selbst. Ich transformierte Sätze wie „ich schreibe“ oder „ich male“ in Aussagen wie „Ich bin Autor“ und „Ich bin Künstler.“ Das hat in meinem Inneren einiges bewegt. Die Werke, die ich zur Ausstellung beitrage, sind Briefe an das Internet. Mit Briefmarken beklebte Kuverts, die als Postempfänger eine händisch geschriebene Internetadresse auf sich tragen, die mit dem Kunstwerk gekoppelt ist. 

Die Domain dient ausschließlich als Nachweis, dass es sich beim Kunstwerk um ein Original handelt. Im Falle der Nutzung der Domain hat der Erwerber selbst die Zulässigkeit zu prüfen und wird insbesondere keine Gewähr übernommen, dass eine Nutzung nicht in Rechte Dritter eingreift.